Liebe Freunde,
in Canda erlebte ich nicht nur den eindrucksvollen Umgang mit Geld in der Spargruppe (siehe meinen letzten Blogbeitrag), sondern auch eine ermutigende Entwicklung in Bezug auf Geschlechtergleichstellung. Der charismatische Gruppenleiter führte nicht nur durch das Sparprogramm, sondern gestaltete auch ein intensives Training für Gleichstellung von Mann und Frau, das den Mitgliedern half, traditionelle Geschlechterrollen zu überdenken.
Er nahm einen Mann und eine Frau und forderte die Gruppe auf, zu sagen, welche der folgenden Tätigkeiten (Umgang mit Geld, Kochen, Pflege kranker Kinder, Putzen zu Hause, Pflege behinderter Familienmitglieder) geschlechtsspezifisch sind. Dann musste die Gruppe auf der Grundlage des traditionellen Denkens entscheiden, und für jede Aufgabe musste sich ein Mann oder eine Frau in einer Reihe aufstellen. Am Ende blieben alle Aufgaben bei den Frauen. Dann erklärte er, dass Männer ihre Frauen bei all diesen Aufgaben unterstützen können. Es gibt nur ein paar Aufgaben, die nur eine Frau erledigen kann, wie das Stillen. Wenn Mann und Frau zusammenarbeiten, wird die Familie gestärkt. Darauf folgte ein kurzes Rollenspiel, zuerst die traditionelle Art, bei der die Frau das Baby, Holz und andere Dinge tragen muss, während der Mann mit dem Handy hinterherläuft und seine Frau antreibt, schneller zu laufen. Beim zweiten Rollenspiel trug der Mann das Baby und das Holz während die Frau mit ihrem Mann geht. Nach der Vorführung bat ich die Frauengruppe, die Hand zu heben, ob die Gleichstellung der Geschlechter bei ihnen zu Hause praktiziert wird. Die Mehrheit der Frauen hob die Hand, was mich überraschte. Ich sagte ihnen, dass dies ein großer Fortschritt sei und fügte hinzu, dass ich sehr selten ein Mann das Baby tragen sehe.
Dann wollte ich wissen, was sich in ihren Familien verändert hat. Dann stand Aisa Kenady auf, mit ihrem Baby in ein Tuch an den Rücken gebunden, und sagte, es gebe viele positive Veränderungen. Ihr Mann hat seit einiger Zeit mehr Eigeninitiative gezeigt. Sie können gemeinsam über ihre Ersparnisse entscheiden, wie sie sie für die Familie verwendet werden soll. Dann gab sie ein Beispiel. Ihr Haus hatte vorher nur zwei Zimmer, aber mit dem gesparten Geld und den Einnahmen aus dem Verkauf ihrer Produkte konnte sie ihrem Mann das Geld anvertrauen und er hat ein zusätzliches Zimmer an das bestehende Haus angebaut. Jetzt haben ihre Kinder ihr eigenes Zimmer und ihren eigenen Schlafplatz. Sie hat viel gelernt und das bringt die Familie voran, schloss sie. Danach standen auch andere Frauen auf und erzählten ihre positiven Erfahrungen. Aus der Gruppe der Männer stand Jean Fernando Fombe auf und drückte seine Dankbarkeit für das Gelernte aus. Er sagte, dass Männer ständig damit überlastet seien, Entscheidungen zu treffen, und sprach auch für die anderen Männer. Seine Frau käme wegen Kleinigkeiten zu ihm, um ihn zu fragen, und jetzt treffe sie viele der täglichen Entscheidungen selbst und übernehme mehr Verantwortung. Wir hörten noch einige sehr persönliche Geschichten und sprachen über Verbesserungsvorschläge im Projekt. Das Gespräch mit dieser Gruppe war für mich sehr ermutigend.
Eine positive Dynamik war gut spürbar. In der Zwischenzeit haben sich mächtige Gewitterwolken aufgetürmt, die sich mit Donner ankündigten. In der Gruppe wurde es unruhig, da einige noch einen weiten Fußmarsch vor sich hatten, um wieder nach Hause zu kommen. So neigte sich unser Treffen dem Ende zu, als ein Ehepaar mit ihren beiden Kindern an uns vorbeilief.
Einer der Männer aus der Gruppe zeigte auf den Vater, und ich habe sofort realisiert, dass er das ältere der beiden Kinder trug, während die Mutter das Baby auf dem Rücken hatte. Begeistert sprang ich auf um ein Foto von der Familie zu machen.
Euer
Marcel Wagner
ADRA-Geschäftsleiter